Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch – Was Betroffene wissen müssen

Im Verkehrsrecht können Bußgeldbescheide nicht nur vollständig, sondern auch auf bestimmte Punkte angefochten werden. Besonders häufig wird der Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt, etwa um eine Erhöhung der Geldbuße oder die Verlängerung eines Fahrverbots zu vermeiden. Ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Jena vom 02.09.2024 (Az. 1 ORbs 371 SsBs 96/24) zeigt, wie Gerichte mit solchen Fällen umgehen – und wie wichtig strategisches Vorgehen dabei ist.


Was bedeutet die Beschränkung auf die Rechtsfolgen?

Die sogenannte horizontale Einspruchsbeschränkung bedeutet, dass der Betroffene den zugrunde liegenden Tatvorwurf – etwa eine Geschwindigkeitsüberschreitung – akzeptiert, sich aber nur gegen die im Bußgeldbescheid festgelegten Konsequenzen wie Geldbuße oder Fahrverbot wendet.

Beispiel: Der Bußgeldbescheid wirft eine fahrlässige Überschreitung der Geschwindigkeit vor, sieht aber eine Geldbuße und ein Fahrverbot vor. Durch die Beschränkung des Einspruchs kann der Betroffene versuchen, die Strafe zu reduzieren, ohne den Tatvorwurf erneut prüfen zu lassen.


Der Fall: Ein Betroffener wehrt sich gegen eine höhere Strafe

In dem Fall vor dem OLG Jena wurde ein Fahrer wegen einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung belangt. Der Bußgeldbescheid legte eine Geldbuße von 320 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot fest. Nach einem Hinweis des Amtsgerichts, dass auch Vorsatz in Betracht kommen könnte, beschränkte der Betroffene seinen Einspruch auf die Rechtsfolgen. Das Amtsgericht hielt dies für unwirksam und verdoppelte die Strafe auf 640 Euro sowie das Fahrverbot auf zwei Monate.

Das OLG Jena entschied: Die Beschränkung des Einspruchs war zulässig. Das Amtsgericht durfte den Vorwurf nicht verschärfen, da der Bußgeldbescheid die Schuldform bereits implizit festgelegt hatte – hier auf Fahrlässigkeit.


Wann ist die Beschränkung auf die Rechtsfolgen zulässig?

Die horizontale Beschränkung eines Einspruchs ist möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der Bußgeldbescheid enthält alle notwendigen Angaben gemäß § 66 OWiG (z. B. Tatzeit, Tatort, Tatvorwurf).
  2. Der Betroffene oder sein Anwalt erklärt die Beschränkung eindeutig und unmissverständlich.
  3. Die Erklärung wird vor einer erstinstanzlichen Entscheidung abgegeben.
  4. Wenn der Betroffene vertreten wird, muss der Anwalt dazu bevollmächtigt sein.

Wichtig: Ein richterlicher Hinweis auf eine mögliche vorsätzliche Tatbegehung ändert daran nichts.


Was sagt die Rechtsprechung?

Das OLG Jena stellt klar:

  • Keine Verschärfung der Schuldform: Ein Gericht darf den Vorwurf aus dem Bußgeldbescheid nicht verändern, wenn der Einspruch wirksam beschränkt wurde.
  • Fahrlässigkeit als Regelfall: In Bußgeldbescheiden wird häufig fahrlässiges Handeln angenommen, sofern keine expliziten Hinweise auf Vorsatz vorliegen.
  • Keine Verböserung: Eine Erhöhung von Strafen durch die Einspruchsbeschränkung ist nicht zulässig. Die Entscheidung muss sich an den Vorgaben des Bußgeldbescheids orientieren.

Warum ist das relevant für die Praxis?

Die Beschränkung auf die Rechtsfolgen ist ein wirkungsvolles Instrument, um unnötige Risiken im Bußgeldverfahren zu vermeiden. Insbesondere wenn Gerichte auf eine mögliche vorsätzliche Tatbegehung hinweisen, können Betroffene mit dieser Strategie eine Verschärfung der Strafe verhindern.

Für Betroffene bedeutet das:

  • Sie akzeptieren den Tatvorwurf, vermeiden aber möglicherweise höhere Strafen.
  • Das Verfahren wird vereinfacht, da der Sachverhalt nicht mehr umfassend geprüft werden muss.
  • Das Risiko einer „Verböserung“ (z. B. höhere Geldbuße oder längeres Fahrverbot) wird deutlich reduziert.

Fazit

Die Möglichkeit, einen Einspruch auf die Rechtsfolgen zu beschränken, gibt Betroffenen im Bußgeldverfahren eine wertvolle Option, um gerichtliche Entscheidungen gezielt zu beeinflussen. Der Beschluss des OLG Jena unterstreicht, dass Gerichte den Tatvorwurf aus dem Bußgeldbescheid nicht verschärfen dürfen, wenn die Einspruchsbeschränkung wirksam erfolgt ist.

Tipp: Lassen Sie sich von einem spezialisierten Anwalt im Verkehrsrecht beraten, um Ihre Rechte optimal zu nutzen und unangemessene Sanktionen zu vermeiden.

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Mit über 17 Jahren Erfahrung im Verkehrsrecht ist Rechtsanwalt Thomas Brunow Ihr kompetenter Ansprechpartner für alle verkehrsrechtlichen Angelegenheiten. Seine langjährige Tätigkeit als Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes im Verkehrsrecht hat ihm ein fundiertes Fachwissen und eine umfangreiche Expertise verschafft.  Unsere Rechtsanwälte für Verkehrsrecht in Berlin Mitte überprüfen den Vorwurf und verteidigen Sie im