Verkehrsrecht 03-2025

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 03/2025:

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Verkehrsrecht

Schadenersatz: Gutachterliche Reparaturkostenprognose statt Kostenvoranschlag rechtens

| Bei kleinen unfallbedingten Schäden darf der Geschädigte einen Schadengutachter einschalten. Wenn der statt eines umfassenden Gutachtens ein dem Schadenumfang angepasstes „schmales“ Produkt zu einem Preis von ca. 100 Euro erstellt, ist das in Ordnung. So entschied aktuell das Amtsgericht (AG) Münster. |

Das AG: Weder sei ein Kostenvoranschlag generell kostenlos noch sei es sicher, dass die Werkstatt die Kosten dafür später verrechnet.

Das AG Münster weiter: Bei Schäden am Stoßfänger kann es auch sachgerecht sein, diesen demontieren zu lassen, um darunter liegende Schäden auszuschließen. Die dafür entstehenden Kosten muss ebenfalls der Schädiger erstatten.

Quelle | AG Münster, Urteil vom 12.9.2024, 8 C 477/24, Abruf-Nr. 244211 unter www.iww.de

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Kfz-Haftpflichtversicherung: Verkehrsunfall: manipuliert oder nicht?

| Bei einem (echten) Verkehrsunfall muss die Haftpflichtversicherung für die Schäden aufkommen. Aber was ist, wenn die Versicherung von einer Unfallmanipulation ausgeht? Dann muss sie beweisen, dass der Geschädigte mit dem „Unfall“ einverstanden war. Das Landgericht (LG) Lübeck hat eine solche Manipulation kürzlich verneint und die Versicherung zur Zahlung verurteilt. |

War der Unfall manipuliert?

Ein junger Mann feierte eine Party im Hause der Eltern. Um zwei Uhr nachts fuhr ein Gast rückwärts gegen das Auto des Gastgebervaters. Der Vater forderte die Haftpflichtversicherung zum Schadenersatz auf, doch die weigerte sich. Sie meinte, der Gast sei in Absprache mit dem Gastgeber absichtlich gegen das Auto gefahren, um die Versicherungssumme zu kassieren.

Landgericht: Es gab keine Verabredung zum Unfall

Das Gericht hat entschieden, dass die Versicherung die Schäden ersetzen muss. Der Fahrer und weitere Partygäste wurden zu dem Vorfall befragt und ein technischer Sachverständiger hinzugezogen. Daraus habe sich ergeben, dass der Fahrer aus Versehen gegen das Auto des Vaters gefahren sei und es gerade keine Verabredung zu einem manipulierten Unfall gegeben habe.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle | LG Lübeck, Urteil vom 26.9.2024, 3 O 193/22, PM vom 11.11.2024

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Stadtverwaltung: Bewohnerparkausweis auch für im Ausland zugelassene Fahrzeuge

| Mit einem aktuellen Urteil hat das Verwaltungsgericht (VG) Gießen die Stadt Marburg dazu verpflichtet, einer Studentin einen Bewohnerparkausweis zu erteilen, die ein in Tschechien zugelassenes Fahrzeug nutzt. |

Das war geschehen

Die Klägerin wohnt in einem Bewohnerparkgebiet der Beklagten. Sie nutzt ein Kraftfahrzeug ihres Vaters, der tschechischer Staatsangehöriger ist und das Fahrzeug in Tschechien zugelassen hat. Im Frühjahr 2024 beantragte sie bei der Stadt Marburg, ihr einen Bewohnerparkausweise zu erteilen. Dies lehnte die Stadt mit der Begründung ab, dass sie Bewohnerparkausweise für Fahrzeuge mit ausländischer Zulassung nicht erteilen könne. Im Rahmen des Klageverfahrens argumentierte die Stadt weiter, dass eine ausländische Zulassung gegen eine dauerhafte Nutzung des Fahrzeugs durch die Klägerin spreche, weil ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug nur vorübergehend am Verkehr in Deutschland teilnehmen dürfe.

Verwaltungsgericht gab der Studentin recht

Das VG bejahte hingegen den Anspruch der Studentin auf einen Bewohnerparkausweis. Bei der Klägerin handele es sich um eine Anwohnerin, die das betroffene Fahrzeug nachweislich dauerhaft nutze.

Gegen eine dauerhafte Nutzung spreche insbesondere nicht, dass Kraftfahrzeuge mit ausländischer Zulassung nur vorübergehend am Straßenverkehr in Deutschland teilnehmen dürfen. Es sei bereits nicht klar, ob das von der Klägerin genutzte Fahrzeug diese Voraussetzungen erfülle. Die Klägerin gab nämlich an, dass sie das Fahrzeug während der Semesterferien nicht in Deutschland nutze. Diese Prüfung obliege der Zulassungsbehörde, die je nach Einzelfall eine Untersagung des Betriebs im öffentlichen Straßenverkehr ohne deutsche Zulassung aussprechen könne.

Die Versagung eines Bewohnerparkausweises für im Ausland zugelassene Fahrzeuge entspreche nicht dem Zweck der Vorschriften. Ein Bewohnerparkgebiet diene dem Anwohnerinteresse, in innerstädtischen Wohnstraßen eine Abstellmöglichkeit für ein (dauerhaft) genutztes Kraftfahrzeug zu finden.

Quelle | VG Gießen, Urteil vom 13.11.2024, 6 K 2830/24.GI, PM vom 19.22.2024

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„Promillefahrt“: Keine Fahruntüchtigkeit durch Schnaps-Pralinen

| Ein Angeklagter hatte behauptet, seine Fahruntüchtigkeit versehentlich herbeigeführt zu haben. Seine Erklärung: der Verzehr von Schnaps-Pralinen. Den alkoholischen Gehalt der Pralinen habe er nicht bemerkt. Das glaubte ihm das Amtsgericht (AG) Frankfurt a. M. nicht. |

Mit 1,32 Promille Auto gefahren

Nach den Feststellungen des Gerichts fuhr der Angeklagte im Januar 2024 gegen drei Uhr morgens mit seinen Pkw durch Hofheim am Taunus. Er hatte dabei eine Blutalkoholkonzentration von 1,32 ‰. Dadurch war er nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug mit der im Straßenverkehr erforderlichen Sicherheit zu führen. Seine Fahruntüchtigkeit, so das AG, habe der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen.

Das AG belegte den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr mit einer Geldstrafe und ordnete die Entziehung der Fahrerlaubnis an. Der Angeklagte hatte angegeben, dass er nach einem Saunabesuch unterzuckert in seinem Fahrzeug auf dem Parkplatz eingeschlafen sei. Er habe von einem unbekannten Pärchen einen Beutel mit annähernd tischtennisball-großen, vermutlich mit Vodka gefüllten Pralinen angeboten bekommen. Von diesen habe er acht oder neun Stück gegessen. Dass diese Pralinen mit Alkohol gefüllt waren, habe er beim Verzehr nicht bemerkt.

Angaben nicht glaubhaft: Schutzbehauptung

Diese Angaben hielt das Gericht nach durchgeführter Beweisaufnahme für nicht glaubhaft. Nach Einschätzung der Sachverständigen hätte der Angeklagte zum Erreichen der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,32 ‰ ca. 0,2 bis 0,3 Liter eines hochprozentigen Getränks (40 bis 60 %) trinken müssen. Dies entspräche mindestens 132 Pralinen der Marke „Mon Chéri“. Auch wenn man zugunsten des Angeklagten davon ausgehe, dass dieser nicht neun, sondern sogar zwölf tischtennisball-große Pralinen verzehrt habe, hätte jede dieser Pralinen immer noch mehr als 2 cl, also jeweils einen „Shot“, eines 40 %-igen alkoholischen Getränks enthalten müssen. Ob man ein solches Produkt überhaupt noch als „Praline“ bezeichnen und käuflich erwerben könne, sei zweifelhaft. Jedenfalls sei es bei dieser Menge „absolut fernliegend“, dass der Angeklagte die Alkoholfüllung nicht wahrgenommen haben wolle. Es handele sich um eine nicht glaubhafte Schutzbehauptung.

Quelle | AG Frankfurt a. M., Urteil vom 29.8.2024, 907 Cs 515 Js 19563/24, PM 9/24

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Schutzbehauptung: Entziehung der Fahrerlaubnis wegen (unbewusster) Einnahme harter Drogen

| Das Verwaltungsgericht (VG) München musste sich in einem Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis mit der Behauptung des Vertauschens/Manipulierens der Blutprobe und zur Behauptung der unbewussten Aufnahme von Betäubungsmitteln durch ein Antidepressivum auseinandersetzen. |

Drogenaufnahme nur versehentlich: hohe Anforderungen der Rechtsprechung

Das VG hat die Einwände des Betroffenen nicht gelten lassen. Es bezieht sich in dieser Frage auf die Rechtsprechung der Obergerichte.

Soweit der Konsum von Amphetamin als solcher bestritten wird, setzt die erfolgreiche Behauptung einer ggf. unbewussten Drogenaufnahme oder einer Vertauschung/Manipulation voraus, dass der Betroffene nachvollziehbar und in sich schlüssig einen Sachverhalt darlegt, der ein derartiges Geschehen ernsthaft möglich erscheinen lässt. Daran fehlte es hier. Das alleinige Bestreiten des Konsums wobei der Betroffene hier sogar eine angekündigte eidesstattliche Versicherung schuldig geblieben war und der möglichen Erklärung des Antragstellers, dass die Probe vertauscht/manipuliert worden sei oder hilfsweise, dass er ein Antidepressivum nehme, reichte dem VG jedenfalls nicht aus.

Keine nachvollziehbaren Angaben des Betroffenen

Es fehlte ihm bereits an nachvollziehbaren Angaben, wie die Probe vertauscht/manipuliert worden sein soll. Die schwerwiegenden und möglicherweise strafrechtlich relevanten Mutmaßungen, der Polizist sei mit den Proben alleine gewesen und könnte diese vertauscht haben, seien äußerst vage. Sie werden jedenfalls durch die Stellungnahmen des Labors („4-Augen-Prinzip“) und der Polizei entkräftet. Zudem sei weder ersichtlich noch im Ansatz plausibel vorgetragen, wie mit Amphetamin kontaminiertes Blut in dieser Situation in das Probenröhrchen des Betroffenen gelangt sein soll. Der Vortrag sei somit als bloße Schutzbehauptung zu werten. Dem Antragsteller bleibe es im Übrigen unbenommen, eine DNA-Analyse mit der Rückstellprobe zu veranlassen und diese im Hauptsacheverfahren vorzulegen. Warum dies vonseiten des Antragstellers zur Untermauerung seiner Vorwürfe nicht längst vorgenommen wurde, war für das VG nicht nachvollziehbar.

Quelle | VG München, Beschluss vom 30.8.2024, M 6 S 24.3538, Abruf-Nr. 245764 unter www.iww.de

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Ihr Ansprechpartner für Verkehrsrecht in Berlin – Rechtsanwalt Thomas Brunow

Thomas Brunow

Rechtsanwalt Thomas Brunow ist Ihr erfahrener Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte. Als Spezialist auf diesem Gebiet vertritt er Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten – von der Schadenregulierung über Bußgeldverfahren bis hin zur Verteidigung in Verkehrsstrafsachen.

Dank seiner langjährigen Erfahrung und seiner Tätigkeit als Vertrauensanwalt des Volkswagen- und Audi-Händlerverbandesgenießt er großes Vertrauen in der Automobilbranche. Zudem ist er aktives Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.