Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 11/2024:
Verkehrsrecht
- Straßenverkehrsordnung: Wenn man zu spät auf ein Blaulicht reagiert …
- Überholmanöver: Überholen auf schmaler Straße: ein Meter Seitenabstand als Faustregel
- Straßenverkehrsbehörde: Auf den Gehwegen geparkte Fahrzeuge: Anwohner können gegen Behörde vorgehen
Abschließende Hinweise
Verkehrsrecht
Straßenverkehrsordnung: Wenn man zu spät auf ein Blaulicht reagiert …
| In einem vom Amtsgericht (AG) Landstuhl entschiedenen Fall hatte ein Autofahrer auf einer Autobahn zu spät einem sich mit aktivierten optischen und akustischen Signalen nähernden Einsatzfahrzeug der Polizei die linke Spur frei gemacht. Folge: Das Einsatzfahrzeug musste eine Weile lang hinter dem Fahrzeug des Betroffenen herfahren. |
Autofahrer schuf nicht sofort „freie Bahn“
Das AG Landstuhl hat den Autofahrer wegen eines Verstoßes gegen die Straßenverkehrsordnung (hier: § 38 Abs. 1 S. 2 StVO) verurteilt. Dieser hatte sich dahin eingelassen, er habe irgendwann eine Sirene gehört und habe gedacht, das komme aus dem Radio. Dann habe er einen Schulterblick gemacht, das Fahrzeug gesehen und seinen Wagen nach rechts auf die andere Fahrspur gerissen. Er habe sich mit seiner Frau unterhalten und Radio gehört und den Einsatzwagen vorher nicht bemerkt.
Pflichten eines jeden Autofahrers
Die Einlassung des Autofahrers hat das AG nicht gelten lassen. Es ist von einem fahrlässigen Verstoß ausgegangen.
Denn jeder Verkehrsteilnehmer muss darauf achten, dass er trotz lauter Geräusche, etwa durch Musik, oder durch nicht von Schnee oder Eis befreite Fenster, die blauen Blinklichter oder das Einsatzhorn rechtzeitig wahrnehmen kann.
Auch eine zu langsame Reaktion auf ein unter allen Signalen fahrendes Einsatzfahrzeug ist pflichtwidrig, wenn die Aufmerksamkeit des auf der linken Spur fahrenden Betroffenen durch Gespräche und Radio aktiv und bewusst vermindert wird. Fahrzeugführer müssen dafür sorgen, dass sie das Einsatzhorn jederzeit hören können.
Quelle | AG Landstuhl, Urteil vom 2.2.2024, 3 OWi 4211 Js 9376/23, Abruf-Nr. 240778 unterwww.iww.de
Überholmanöver: Überholen auf schmaler Straße: ein Meter Seitenabstand als Faustregel
| Ein Sprinter überholte einen Bus. Der überholte Bus hatte eine Breite von 250 cm zzgl. ca. 20 cm für den linken Spiegel, der überholende Sprinter hatte eine Breite von 200 cm plus ca. 20 cm für den rechten Spiegel. Die Straße war 650 cm breit. Nicht aufgeklärt werden konnte, wer sich aus seiner Spur herausbewegt hat. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden musste nun zur Haftung entscheiden. |
Sprinter haftet voll
Das OLG sprach bei diesem Sachverhalt dem überholenden Sprinter die volle Haftung für die seitliche Kollision zu. Die Straße sei zu schmal gewesen, um zu überholen. Realistisch hält jedes Fahrzeug 30 cm Abstand zum jeweiligen Bordstein. Addiere man diese 60 cm Abstand zum Fahrbahnrand hinzu, blieben ca. 90 cm Spielraum.
Entscheidend: Lage des Einzelfalls
Das OLG: Anders als beim Überholen von nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmern legt die StVO einen konkret bezifferten Mindestabstand nicht fest. Die Frage nach dem ausreichenden Seitenabstand ist vielmehr nach der Lage des Einzelfalls, insbesondere nach der Art der Fahrzeuge und der Geschwindigkeit des Überholenden, den Fahrbahnverhältnissen, dem Wetter und dem Verhalten des Eingeholten zu beurteilen.
Faustregel: ein Meter Seitenabstand
In der Regel wird ein Seitenabstand von einem Meter als ausreichend erachtet. Hiervon ausgehend ist in der konkreten Verkehrssituation ein Sicherheitsabstand von knapp unter einem Meter nicht ausreichend gewesen, um die typischen Gefahren des Überholvorgangs auszuschließen oder so weit wie möglich zu minimieren. Zwar war die Fahrbahn an der Überholstelle überwiegend gerade und in jedem Fall gut einsehbar. Zu beachten ist aber, dass zum einen die Bordsteine auf beiden Seiten der Fahrbahn erhöht waren und damit ein seitliches Ausweichen in einer Gefahrensituation für beide Fahrzeuge begrenzt war, was bei Überholvorgängen einen erkennbar gefahrerhöhenden Umstand darstellt. Zum anderen potenziert allein die Größe und Länge des Omnibusses die Dauer des Überholvorgangs und damit auch die Gefahr von unvorhergesehenen kleinen Lenkbewegungen, die den seitlichen Abstand noch weiter verkürzen können.
Quelle | OLG Dresden, Urteil vom 14.8.2024, 5 U 615/24, Abruf-Nr. 243257 unter www.iww.de
Straßenverkehrsbehörde: Auf den Gehwegen geparkte Fahrzeuge: Anwohner können gegen Behörde vorgehen
| Anwohner können bei einer erheblichen Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Gehwegbenutzung einen räumlich begrenzten Anspruch gegen die Straßenverkehrsbehörde auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Einschreiten gegen das verbotswidrige Gehwegparken haben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden. |
Autos seit Jahren verbotswidrig geparkt
Die Kläger begehren von der Beklagten ein straßenverkehrsbehördliches Einschreiten gegen Fahrzeuge, die aufgesetzt auf den Gehwegen in drei Bremer Straßen geparkt werden. Die Kläger sind Eigentümer von Häusern in den betreffenden Straßen. Die drei Straßen sind Einbahnstraßen. Die Fahrbahnen sind zwischen 5,00 und 5,50 Metern breit; auf beiden Seiten verlaufen Gehwege mit einer Breite zwischen 1,75 und 2,00 Metern. Verkehrszeichen mit Regelungen zum Halten und Parken sind nicht angeordnet. Seit Jahren wird unter anderem in den drei Straßen auf beiden Seiten nahezu durchgehend verbotswidrig aufgesetzt auf den Gehwegen geparkt.
Straßenverkehrsbehörde schritt nicht ein
Die gegen die Straßenverkehrsbehörde der beklagten Freien Hansestadt Bremen gerichteten Anträge der Kläger, Maßnahmen gegen das Parken auf den Gehwegen in den Straßen zu ergreifen, lehnte die Beklagte ab. Verkehrszeichen und -einrichtungen seien nicht wie für deren Anordnung geboten zwingend erforderlich. Das Gehwegparken sei bereits aufgrund der Straßenverkehrs-Ordnung verboten (hier: § 12 Abs. 4 und 4a StVO).
Anwohner klagten: Behörde muss einschreiten
Auf die hiergegen nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht (VG) Bremen die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide verpflichtet, die Kläger unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu bescheiden; im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. § 12 Abs. 4 und 4a StVO habe eine drittschützende Wirkung zu ihren Gunsten. Wegen der Dauer und Häufigkeit der Beeinträchtigungen sei das Entschließungsermessen der Beklagten auf Null reduziert; die Beklagte sei zum Einschreiten verpflichtet.
Nächste Instanz: Behörde hatte Ermessensspielraum
Gegen dieses Urteil haben die Kläger und die Beklagte Berufung eingelegt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen die erstinstanzliche Entscheidung dahin geändert, dass eine erneute Entscheidung über die Anträge der Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des OVG zu erfolgen habe; im Übrigen hat es die Berufungen zurückgewiesen. Wie das VG hat das OVG eine drittschützende Wirkung von § 12 Abs. 4 und 4a StVO zugunsten der Kläger bejaht. Die Beklagte habe über das Begehren der Kläger nicht ermessensfehlerfrei entschieden. Anders als das VG war das OVG aber der Auffassung, dass das Entschließungsermessen der Beklagten nicht auf Null reduziert sei. Eine Pflicht, auf die Anträge der Kläger in den drei Straßen unmittelbar einzuschreiten, bestehe jedenfalls derzeit nicht. Es sei nicht zu beanstanden, wenn sie zunächst den Problemdruck in den am stärksten belasteten Quartieren zu ermitteln und ein Konzept für ein stadtweites Vorgehen umzusetzen gedenke.
So entschied das Bundesverwaltungsgericht
Gegen das Berufungsurteil haben die Kläger und die Beklagte Revision eingelegt. Auf die Revision der Beklagten hat das BVerwG die angefochtenen Urteile geändert und die Beklagte verpflichtet, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des BVerwG neu zu bescheiden; im Übrigen hat es die Revisionen zurückgewiesen.
Das OVG habe ohne Bundesrechtsverstoß angenommen, dass das § 12 Abs. 4 und 4a StVO zu entnehmende Gehwegparkverbot eine drittschützende Wirkung zugunsten der Kläger hat. Das Verbot des Gehwegparkens schützt nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch Anwohner, die in der Nutzung des an ihr Grundstück grenzenden Gehwegs erheblich beeinträchtigt werden. Nach den vom OVG getroffenen Feststellungen ist diese Voraussetzung bei den Klägern erfüllt.
Die weitere Annahme des OVG, das Entschließungsermessen der Beklagten sei nicht auf Null reduziert, sie sei also noch nicht zu einem unmittelbaren Einschreiten verpflichtet, verstößt nicht gegen Bundesrecht. Da das unerlaubte Gehwegparken nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der gesamten Stadt, insbesondere in den innerstädtischen Lagen weit verbreitet ist, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zunächst die am stärksten belasteten Quartiere ermittelt, Straßen mit besonders geringer Restgehwegbreite priorisiert und ein entsprechendes Konzept für ein stadtweites Vorgehen umsetzt.
Nur „eigener“ Straßenabschnitt schutzwürdig
Folge: Die angefochtenen Urteile waren zu ändern, soweit sie den Klägern einen Anspruch in Bezug auf die „streitgegenständlichen Straßen“ zuerkannt haben. Die drittschützende Wirkung des Gehwegparkverbots aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO ist regelmäßig und so auch hier auf den Gehweg beschränkt, der auf der „eigenen“ Straßenseite des Anwohners verläuft; umfasst ist in der Regel auch nur der Straßenabschnitt bis zur Einmündung „seiner“ Straße in die nächste (Quer-)Straße. In Bezug auf weitere Abschnitte des Gehwegs sind die Anwohner Teil des allgemeinen Kreises der Gehwegbenutzer und nicht mehr hinreichend von der Allgemeinheit unterscheidbar.
Anträge der Anwohner: neue Entscheidung erforderlich
Unter Beachtung der insoweit vom OVG abweichenden Rechtsauffassung des BVerwG muss die Beklagte erneut über die Anträge der Kläger entscheiden.
Quelle | BVerwG, Urteil vom 6.6.2024, 3 C 5.23, PM 28/24
Abschließende Hinweise
Berechnung der Verzugszinsen
| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2024 bis zum 31. Dezember 2024 beträgt 3,37 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
- für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 8,37 Prozent
- für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 12,37 Prozent*
* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 11,37 Prozent.
Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).
Übersicht / Basiszinssätze | |
Zeitraum |
Zinssatz |
01.01.2024 bis 30.06.2024 |
3,62 Prozent |
01.07.2023 bis 31.12.2023 |
3,12 Prozent |
01.01.2023 bis 30.06.2023 |
1,62 Prozent |
01.07.2022 bis 31.12.2022 |
-0,88 Prozent |
01.01.2022 bis 30.06.2022 |
-0,88 Prozent |
01.07.2021 bis 31.12.2021 |
-0,88 Prozent |
01.01.2021 bis 30.06.2021 |
-0,88 Prozent |
01.07.2020 bis 31.12.2020 |
-0,88 Prozent |
01.01.2020 bis 30.06.2020 |
-0,88 Prozent |
01.07.2019 bis 31.12.2019 |
-0,88 Prozent |
01.01.2019 bis 30.06.2019 |
-0,88 Prozent |
01.07.2018 bis 31.12.2018 |
-0,88 Prozent |
01.01.2018 bis 30.06.2018 |
-0,88 Prozent |
01.07.2017 bis 31.12.2017 |
-0,88 Prozent |
01.01.2017 bis 30.06.2017 |
-0,88 Prozent |
01.07.2016 bis 31.12.2016 |
-0,88 Prozent |
01.01.2016 bis 30.06.2016 |
-0,83 Prozent |
01.07.2015 bis 31.12.2015 |
-0,83 Prozent |
01.01.2015 bis 30.06.2015 |
-0,83 Prozent |
01.07.2014 bis 31.12.2014 |
-0,73 Prozent |
01.01.2014 bis 30.06.2014 |
-0,63 Prozent |
01.07.2013 bis 31.12.2013 |
-0,38 Prozent |
01.01.2013 bis 30.06.2013 |
-0,13 Prozent |
01.07.2012 bis 31.12.2012 |
0,12 Prozent |
01.01.2012 bis 30.06.2012 |
0,12 Prozent |
01.07.2011 bis 31.12.2011 |
0,37 Prozent |
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 11/2024
| Im Monat November 2024 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |
Steuertermine (Fälligkeit):
- Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): 11.11.2024
- Lohnsteuerzahler (Monatszahler): 11.11.2024
- Gewerbesteuerzahler: 15.11.2024
- Grundsteuerzahler: 15.11.2024
Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.
Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.11.2024 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 18.11.2024 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.
Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):
Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat November 2024 am 27.11.2024.