Geschwindigkeitsüberschreitung – Fahrlässigkeit oder Vorsatz

Die Frage, ob ein Geschwindigkeitsverstoß vorsätzlich oder fahrlässig begangen wird, spielt eine entscheidende Rolle bei der Bemessung der Bußgeldhöhe.
Gemäß § 3 Abs. 4 a der Bußgeldkatalog-Verordnung heißt es: Wird ein Tatbestand des Abschnitts I des Bußgeldkatalogs vorsätzlich verursacht, für den ein Regelsatz von mehr als 35 Euro vorgesehen ist, so ist der dort genannte Regelsatz zu verdoppeln,…

Der Bundesrat begründete diese Änderung mit der Erhöhung der Verkehrssicherheit durch verbesserte Allgemein- und Spezialprävention, stärkere Differenzierung bei der Ahndung der Verkehrsverstöße in Abhängigkeit von deren Vorwerfbarkeit.

In der Praxis ist es hingegen nicht ganz so leicht festzustellen, ob der Geschwindigkeitsverstoß vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Die Bußgeldbehörden machen es sich in der Regel einfach und stellen ausschließlich auf die festgestellte Geschwindigkeit ab.

Die Rechtsprechung geht überwiegend davon aus, dass die Höhe der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung allein eine vorsätzliche Begehungsweise noch nicht zu begründen vermag. Erst aus den örtlichen Gegebenheiten lassen sich in Verbindung mit weiteren Umständen zu denen auch die Geschwindigkeit zählt, Rückschlüsse auf das Vorliegen von Vorsatz oder Fahrlässigkeit ziehen.

Fälle aus der Rechtsprechung:

    Wenn der Betroffene die zulässige Geschwindigkeit um mehr als 100 % überschritten hat, so ist Vorsatz anzunehmen. Sofern der Verstoß in einem erkennbaren Baustellenbereich geschah, braucht ein versehentliches Übersehen der Geschwindigkeitsbegrenzung nicht erörtert zu werden (OLG Celle Beschl. v. 25. August 2005)
    1. Eine Vorsatzannahme ist dann nicht zu beanstanden, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf einer Bundesstraße um 57 km/h überschritten wurde. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung dieser Größenordnung ist bereits aufgrund des optischen Eindrucks von der Umgebung während der Fahrt ausgeschlossen, dass der Fahrzeugführer dies nicht bemerkt. Dies gilt erst recht, wenn festgestellt wird, dass das Fahrzeug dabei erhebliche Geräusche entwickelt hat (OLG Hamm Beschl. v. 14. Juli 2008)

Bei drei Verstößen in kurzer Zeit trotz ausreichender Beschilderung ist auch bei Geschwindigkeitsüberschreitung zwischen 13 und 19 km/h von Vorsatz auszugehen. Die Verstöße sind jedoch in einem solchen Fall als Tateinheit zu werten (OLG Jena Beschluss vom 29.10.2007).Zur Erschütterung des Vorwurfs reicht es nicht schon aus, vorzutragen, das Verkehrszeichen aufgrund einfacher Fahrlässigkeit übersehen zu haben. Erforderlich ist selbstverständlich, dass der Fahrzeugführer – die ohne das geschwindigkeitsbeschränkende Verkehrszeichen – maßgebliche Höchstgeschwindigkeit eingehalten hat. So ist in der Rechtsprechung kaum vorstellbar, einem Kraftfahrer keine grobe Pflichtwidrigkeit zur Last zu legen, wenn dieser bereits die ohne das Verkehrszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreitet. Hier reichen in der Regel bereits geringe Überschreitungen. (Beispiel: Kraftfahrer fährt in einer 30 – Zone innerorts mit 55 km/h).

Über den Autor: Rechtsanwalt Thomas Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes für Verkehrsrecht e.V. und Mitglied der ARGE Verkehrsrecht in Berlin. Rechtsanwalt Thomas Brunow hilft Geschädigten nach Verkehrsunfällen und Betroffenen nach Verkehrsverstößen schnell und unbürokratisch.
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Rechtsanwalt Thomas Brunow ist Partner der Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner Berlin